Singen, Lachen, Freundschaften: Fünf Stimmen aus dem Wiener Singverein

© Stephan Polzer
Neben den Karyatiden darf man sie wohl zu den großen Stützen des Musikvereins zählen: die Mitglieder des Wiener Singvereins, die auf ehrenamtlicher Basis und unter der meisterhaften Leitung von Chordirektor Johannes Prinz maßgeblich zu vielen Höhepunkten des (auch internationalen) Konzertlebens beitragen. Im März stellt der Singverein als Chor der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien mit gleich drei Auftritten wieder seine Vielseitigkeit unter Beweis. Ein symphonischer Abend mit selten zu hörenden Brahms-Gesängen geht zwei reinen Chorkonzerten voraus. Lesen Sie im Folgenden, was für fünf ausgewählte Mitglieder des Chors den Zauber des Singens ausmacht – ganz allgemein und im Singverein.

Von Susanna Erker, Sara Hörburger, Elke Manner-Prochart, Joachim Honeck und Gerhard Narbeshuber

19.02.2025

Susanna Erker, Alt, Leiterin der Abteilung Energieplanung (MA 20) der Stadt Wien, im Singverein seit 2010
Singen gibt mir eine Ruhe, die ich selten finde, und gleichzeitig unglaubliche Energie. Sobald man sich auf die Musik einlässt, ist der Alltag vergessen. Gleichzeitig ist es ein großes Privileg, Teil großer Werke zu sein – diese Musik hat eine unfassbare Kraft. Wenn wir gemeinsam mit Musiker:innen aus aller Welt auftreten, spürt man zudem, wie Musik eine wunderschöne Sprache ist, die uns verbindet.
Ich bin mit dem Wiener Singverein groß geworden. Meine Mutter und mein Stiefvater haben schon mit Musiklegenden wie Karajan, Bernstein oder Christa Ludwig gesungen, ich war als Baby im Bauch meiner Mutter bei den Konzerten oder bei Proben als kleines Kind mit dabei. Heute kann man uns oft nebeneinander im Konzert singen sehen.
Mein erstes Konzert im Goldenen Saal und das Neujahrskonzert waren echte Gänsehautmomente. Aber eigentlich wird es jedes Mal magisch, wenn der letzte Ton verklingt, Stille im Saal herrscht und dann der Applaus losbricht. Besonders schätze ich aber die kleinen Momente: das Lachen in den Proben, die Freundschaften und das Gefühl, gemeinsam etwas Großes zum Klingen zu bringen. Das macht den Singverein so einzigartig.

Sara Hörburger, Sopran, Freizeit- und Musikpädagogin, im Singverein seit 2022
Das gemeinsame Chorsingen führt für mich zu Emotionen, die Freude weit übertreffen. Man muss es wahrscheinlich erlebt haben, um wirklich zu verstehen, wie es sich anfühlt, wenn so viele Menschen gemeinsam „im Moment“ sind und einen Klang erzeugen. Nicht nur einen Klang, eine Stimmung, fast schon eine Art Magie. Selten habe ich so magische Momente erlebt wie mit Chören auf der Bühne. Ich glaube, wenn man Worte dafür hätte, gäbe es die Musik nicht.
Unser Körper ist ein so sensibles Instrument, und es macht mir Freude, ihn jeden Tag etwas besser kennenzulernen und zum Klingen zu bringen. Singen ist für mich der direkteste Weg zur Musik, pur und unverstellt.
Zwischen den unzähligen musikalischen Erlebnissen, die mir in Erinnerung bleiben werden, ist natürlich auch jede gemeinsame Reise etwas Besonderes. Wir verbringen so viel Zeit miteinander – umso schöner ist es, dass es in diesem Chor viele großartige Menschen gibt, mit denen man dies sehr gerne tut. Wirklich schön war meine erste große Reise mit dem Singverein nach Lucca, als wir die „Messa di Gloria“ von Puccini mit den Wiener Philharmonikern unter Adam Fischer aufgeführt haben.

Elke Manner-Prochart, Alt, Musikmanagerin, im Singverein seit 1996
Das Singen, speziell in einem so großen Kollektiv, ist eine besondere Erfahrung – das gemeinsame Atmen, das Tönen, die Achtsamkeit auf die anderen – und die Energie, die dabei entsteht, ist unbeschreiblich schön und mannigfaltig. Da gibt’s von Gänsehaut bis zu (fast) Schmerzen alles – vor lauter Schönheit!
Am Singverein schätze ich zuallererst die musikalische Qualität, das Repertoire, die Flexibilität innerhalb der Genres und die professionelle Leistung, die uns immer wieder von verschiedenen Orchestern und Dirigent:innen bestätigt wird. Das macht uns schon ein bissl stolz!
Und da sind wir auch schon gleich beim Chordirektor, Johannes Prinz, der mit seiner unglaublich mitreißenden Energie einen hohen Level einfordert und uns – durch meistens auch sehr unterhaltsame Proben – zu Bestleistungen führt. Niemals seinen Qualitätsanspruch aufgebend und immer wohlwollend freundlich – also … fast immer. Manchmal muss er wohl auch a bissl streng sein …

„Chordirektor Johannes Prinz führt uns mit mitreißender Energie und stets freundlich zu Bestleistungen. Manchmal muss er wohl auch a bissl streng sein …“

Elke Manner-Prochart

Besonders schätze ich auch die Kollegialität unter den Sänger:innen und den freundschaftlichen Umgang miteinander – quer durch die verschiedenen Stimm- und Altersgruppen. Die Chorprobe: mein Wohlfühlort, Seelenbalsam inklusive!
Da ich schnell für Neues zu begeistern bin, freue ich mich zum Beispiel auch über unsere musikalischen Ausflüge in die Filmmusik oder über Kinderkonzerte – wo es dann vielleicht ein bisschen lockerer zugeht. Aber eigentlich geht doch kaum etwas über ein Brahms-Requiem oder ein Te Deum von Bruckner (und wenn mein Mann auch noch im Orchester mitspielt, ist es natürlich etwas ganz Besonderes)!

© Stephan Polzer

Joachim Honeck, Tenor, Universitätslektor an der Webster University, seit gut zwei Jahren dabei
Der Singverein ist für mich eine Herzenssache. Es war ein Zufall, dass mich ein Mitglied darauf aufmerksam gemacht hat und mich ermutigt hat vorzusingen. Das Entscheidende aber war das Plazet meiner Frau – wir hatten damals zwei kleine Kinder, jetzt haben wir drei –, die mir eine Art Blankoscheck ausgestellt hat: „Das ist genau das Richtige für dich, mach das!“
Was das Repertoire angeht, war bei mir gerade Mendelssohn sehr präsent, den ich persönlich durch „Paulus“ und „Lobgesang“ neu entdeckt habe. Seine Musik hat etwas Erhabenes, klingt einfach, ist aber nie banal. Sie birgt Schätze in der Tiefe, die nur durch eine feinfühlige Interpretation gehoben werden können.
Als jemand, der beruflich viel vor anderen steht, ist es eine wohltuende Abwechslung, selbst einer von vielen zu sein und immer dazuzulernen. Auch wenn ich noch lange nicht alle Namen der Kolleg:innen kenne, hat sich mit sehr vielen schon ein bereichernder Austausch ergeben, den ich bevorzugt bei Bier pflege.
Die Probenvorbereitung hängt vom Repertoire ab. Ein mir unbekanntes Stück schaue ich mir normalerweise vor der ersten Probe an, um zumindest einigermaßen gut mitlesen zu können. Je nachdem, wie sicher ich bin, schärfe ich zwischen den Proben noch nach oder übe zumindest die heikelsten Stellen zu Hause. Generell ist aber meine Erfahrung bisher, dass ich mit dem exzellenten „System Prinz“ ganz gut hinkomme bis zur Klavierprobe, ohne viel zusätzlich zu üben.

Gerhard Narbeshuber, Bass, Physiotherapeut, singt im Singverein seit 2000
Singen ist für mich ein Ausdruck von Lebensfreude und ein wundervolles Mittel, das Herz zu öffnen und mit der Umwelt in Kontakt zu treten. Ich finde es zutiefst berührend, wenn wir im Chor ein musikalisches Meisterwerk – und die meist darin enthaltene Botschaft – mit unseren Stimmen zu kurzem neuen Leben erwecken. Dies als Hobby im Rahmen eines so arrivierten Chors wie dem Wiener Singverein ausüben zu dürfen, empfinde ich als großes Privileg.
So gut es im Alltag geht, versuche ich, entspannt und ausgeschlafen zum Singen zu kommen. Vor allem bei Konzerten ist mir das wichtig. Gründliches Einsingen ist entscheidend, aber da kann ich mich ganz auf unseren Chorleiter verlassen.
Mein großer Wunsch wäre es, einmal mit einer Dirigentin zu arbeiten. Leider war das in der Vergangenheit faktisch kaum möglich. Unter den 61 verschiedenen Dirigenten, unter deren Leitung ich bisher im Singverein singen durfte, war nur eine einzige Frau, nämlich Marie Jacquot. Umso wichtiger finde ich, dass es Künstlerinnen wie sie, Marin Alsop oder Mirga Gražinytė-Tyla mittlerweile an die Spitze geschafft haben und die Möglichkeit, große Werke mit ihnen aufzuführen, dadurch langsam mehr werden.

Samstag, 1. März 2025
Sonntag, 2. März 2025

Wiener Symphoniker
Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien
Eva Ollikainen | Dirigentin
Noa Beinart | Alt

Johannes Brahms
Gesang der Parzen, op. 89
Schicksalslied, op. 54
Rhapsodie für eine Altstimme, Männerchor und Orchester, op. 53, „Alt-Rhapsodie“
Jean Sibelius
Symphonie Nr. 5 Es-Dur, op. 82

Sonntag, 9. März 2025

Anton Zeilinger | Vortrag
Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien
Johannes Prinz | Leitung
Robert Kovács | Orgel

Anton Zeilinger:
Das Unbeschreibbare beschreiben. Reflexionen über Quantenphysik

Johann Sebastian Bach
Toccata und Fuge d-Moll, BWV 565
Anton Bruckner
Ave Maria
Christus factus est
Mikis Theodorakis
Mauthausen-Kantate
Olivier Messiaen
Apparition de l’église éternelle
Franz Schubert
Deutsche Messe, D872 – Schlussgesang „Herr, du hast mein Flehn vernommen“
Arvo Pärt
Da pacem Domine

Sonntag, 23. März 2025

Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien
Johannes Prinz | Dirigent
Marie-Sophie Pollak | Sopran
Maria Ladurner | Sopran
Anja Mittermüller | Mezzosopran
Mauro Peter | Tenor
Manuel Walser | Bariton
Zacharias Galaviz-Guerra | Bariton
Justus Zeyen | Klavier

Der Rose Pilgerfahrt

Lili Boulanger
Renouveau
Claude Debussy
Salut printemps
Camille Saint-Saëns
Calme des nuits, op. 68/1
Les fleurs et les arbres
Gabriel Fauré
Les Djinns
Lili Boulanger
Hymne au soleil
Robert Schumann
Der Rose Pilgerfahrt. Märchen nach einer Dichtung von Moritz Horn, op. 112

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